Hausorden der Treue oder Fidelitasorden

Wir Carl von Gottes Gnaden Marggraff zu Baden und Hochberg, Landgraff zu Sausenberg, Graf zu Sponheimb und Eberstein, Herr zu Röteln, Badenweyler, Lahr und Mahlberg p. Der Röm(isch) Kay(serlichen) und König(lich) Catho(lischen) May(estät) wie auch des löb(lichen) Schwäb(ischen) Creyses bestellter respective Generalfeldtmarchal und Generalfeldt-zeugmeister, auch Obrister über ein Kayserl(iches) Regiment zu Fuß p. Thun denenjenigen, welchen es zu wißen zukommt und von nöthen ist, hiermit kund; Alldieweilen alle Glück¬seligkeit des Lebens ohne aufrichtige Freunde unvollkommen, diese aber die nützlichste Ergötzung desselben und das gröste Guth eines Fürsten sind, indeme ohne Freunde kein Mensch wohl, ja fast gar nicht leben kan, und niemand in der Welt, wes Standes er auch seyn mag, zu finden seyn wird, welcher nicht Freunde bedürffe, die er so dann, wenn er zumahl derselben Treue, Aufrichtigkeit und Verdienste versichert ist, mit aller Sorgfalt zu erhalten bemühet seyn solle; Daß Wir dahero in deßen öfterer Erwägung bewogen worden, sowohl diejenige edle Gemüther, beydes von unsere Angehörigen als Frembden, deren wahrhaffte Zueignung vor unser Persohn und Fürstl(ich)es Hauß Wir seither absonderlich geprüffet, und in der That wahrgenommen, mit gebührendem Dank zu beehren, als auch andere zu gleichmäßig rühmlicher Nachfolge und beständiger Freundschaft aufzu¬muntern, und Uns mit Selbigen umbso fester zu vereinigen, nach dem löbl(ichen) Exempel vieler vornehmer Fürsten eine Societät oder Orden unter dem Nahmen FIDELITAS oder der Treue zu stiften, und hierüber nachfolgende Statuta zu ertheilen, Nemblich:

Erstlich, wollen wir, daß alle diejenige, welche in diesen Orden aufgenommen werden, sich bey wahren Worten und Ehren verbindlich machen undt versprechen sollen, sothanen Articuln ohne den geringsten Abbruch, Ausnahmb und Vorbehalt nachzuleben.

Zweytens, wollen wir allein und nach Uns Unsere fürstl(ichen) Erben und Nachkommen, als Regierende Marggraffen zu Baden und Hochberg p. der Herr und das Oberhaupt dieser Ordens-Societät seyn.

Drittens, ob Wir gleich die Zahl der Societät-Genoßen annoch auf keinen gewißen Numerum gesetzet, so wollen Wir jedoch solches nach Unserem Gutbefinden, und wie es der Nutzen der Societät erfordert, künfftig zu thun Uns vorbehalten haben.

Vierdtens, Unsere und Unserer Nachkommen männliche Descendenz sollen jederzeit ge¬bohrne Glieder dieses Ordens seyn.

Fünfftens, auser denen solle künfftig niemand in diesen Orden aufgenommen werden. Er seye denn guten adelichen Rittermäßigen Herkommens und rechtschaffenen Wandels, habe sich auch zuvor durch genugsame meriten dergestalt bekandt gemacht, daß sowohl das Oberhaupt, als die gesambte Societät Ihn hierzu genugsam qualificirt erkennen möge.

Sechstens, Gleichwie Wir Uns die Benennung derjenigen, welche in diesen Orden aufge-nommen werden, lediglich und allein doch also vorbehalten, daß Wir forderst von denen Capitularen, oder dem, mehreren Theil derselben Uns gründlich erkundigen, ob und was für Hindernüße sich hervorthun möchten, mit Unserer gnädigsten intention gegen die Competenten innzuhalten, und Wir dadurch ein gewißes Zeichen Unserer Gnade, Zuneigung und Vertrauens geben wollen, daher solche nicht durch andere ungebührliche Wege erlanget werden, sondern jedesmahl aus eigener Bewegnus herkommen solle; Also wollen Wir alle diejenige, so entweder selbst, oder durch andere, denen dergleichen nicht zukommt, darumb ansuchen, davon gäntzlich ausgeschloßen haben.

Siebendens, das Zeichen dieser Ordens-Societät soll in einem güldenen Roth geschmeltzten durch vier güldene doppelte C zusammen haltenden Creutz-Stern bestehen, in deßen Mitte in einem weiß geschmeltzten Feld etliche Felßen zu sehen, auf welchem ein doppeltes C als des Stifters und Oberhaupts Nahmen stehet, mit der Überschrift FIDELITAS; auf der andern Seiten der Fürstlich Badische Schild mit einem Rothen Quärbalken im güldenen Feld, alles an einem Weiß und Roth geschmeltzten Fürstenhuth hangend; und

Achtens, soll dieses Ordenszeichen an einem orange-farbenen Bandt mit einem schmal silbernen End an dem Halß getragen werden.

Neundens, Es soll auch diese Societät Ihr eigen Siegel haben, worauf Unser fürstliches Wappen sambt dem daran hängenden Ordenszeichen nach hierunter gesetzter Figur sich befindet, mit der Umbschrift: SIG: ORD: FIDELITAS: INST: A CAROLO MARCH: BAD: ET HOCHB:

Zehendens, Ein jeder, so in diesen Orden aufgenommen wird, soll uns und Unserm Fürstlichem Hauß treu und hold seyn, auch der Societät Ehre und Bestes bey aller occasion zu beobachten suchen, und dahero sollen

Elfftens, Alle Ordensgenoßen unter einander in gutem brüderlichem Vernehmen leben, und einer des andern Ehre, zeitliches Glück und guten Nahmen wieder alle Verlaümbdungen und Feindseligkeiten treulich und ohngescheut verthäidigen, auch was ein jeder davon gegen den andern erführet, seinen Ordensbrüdern nicht allein sofort eröffnen, sondern sich auch selbsten nach Vermögen deßselben darwieder annehmen, und insgemein alles dasjenige thun und beobachten, was des Ordens und sembtlicher Mitglieder Bestes, Ehr und Aufffnahmb erfordert.

Zwölfftens, werden unter denen Ordensgliedern all ohnanständiger Zank und Streithändel, welche zumahl von dem Trunk herkommen, verboten, und auf den widrigen Fall allen dabey Befindlichen, obgleich in solchen Strittigkeiten nicht interessierten Mitgliedern auferleget, dergleichen Uneinigkeiten auf anständige Arth und Weise abzuhelffen, und die Parthien auseinander zu setzen, ohne deßentwegen sich selbsten einige Ungelegenheit zuzuziehen, oder jemand darüber Red und Antwort zu geben, sondern nach Beschaffenheit der Sache und Umbständen es vor dem Ordens-Meister und sambtliches Capitul zu bringen.

Dreyzehendens, Im Fall also unter zweyen oder mehreren dieser Ordensgenossen über Vermuthen Mißverständnüße enstehen, sollen solche durch das OrdensOberhaupt, entweder mit partikular-Zuziehung des Ordenscantzlers, auch einiger Ordensverwanden und des Secretarii beygeleget, oder, wofern es eine Sache von großer Erheblichkeit wäre, in einer capitularischen Zusammenkunfft sämbtlicher an Unserem Hoff sich befindender Ordens¬glieder entschieden werden.

Vierzehendens, soll das Zunöthigen im Trinken gäntzlich bey dieser Societät verbothen, und keiner derselben gehalten seyn, ein Glaß Wein weder selbst über seinen appetit und Belieben bescheid zu thun, noch einem andern zu zumuthen, bey willkührlicher Bestraffung, welche Er von dem Ordens-Meister ohne einig gültige Entschuldigung zu gewartten hat.

Fünffzehendens, soll unter denen Ordensgliedern ein auffrichtiger und treüer Ümbgang seyn, dergestalten, daß, wofern jemand aus der Societät dasjenige, so ihme von einem Ordensmitbruder anvertrauet worden, es bestehe, worinnen es wolle, propaliren und offenbahr machen würde, jedoch ausgenommen, daß solches Uns, dem Ordensmeister, werde an Fürstliche Ehren, noch Unserm Interesse nachtheilig seye, selbiger bey versammleten Capitul belanget und alda befindenden Umbständen nach bestraffet werden.

Sechzehendens, so bald jemand in diese Societät aufgenommen wird, soll er sowohl seinen Nahmen, als sein mit Farben gemahltes und hergebrachtes Wappen dem Ordens-Secretario ausantworten, welches derselbe in die Ordens-Matricul bringen und zugleich notiren soll, zu welcher Zeit ein jedweder in die Societät recipiret worden.

Siebenzehendens, das Fest dieser Societät wird jährlich auf den 17. Juny gehalten, alda alle anwesende Ordensglieder in einem Kleid bey Hoff erscheinen, und mit Uns über des Ordens Angelegenheiten und Auffnahmen deliberiren sollen.

Achtzehendens, Jedweder so in diese Societät aufgenommen worden, soll schuldig und gehalten seyn, zu allen Zeiten das Ordensband und Zeichen umb sein Wappen zu führen.

Neunzehendens, keinem der Ordens-Rittere soll es freystehen, ohne das Ordenszeichen sich offentlich sehen zu laßen, bey Straff von fünffzehen Gulden. Wer aber über Jahr und Tag das Ordenszeichen mit Vorsatz nicht träget, soll weilen er sich selbst der Gesellschaft unwürdig gemacht hat aus derselben gäntzlich gestoßen seyn. Sollte aber einer oder der andere sein Ordenszeichen zufälliger Weise verlieren, hätte Er daßselbe auf seinen kosten wieder zu ersetzen.

Zwantzigstens, die Geldt-Straffen sollen unter die arme verwendet, von dem Ordens-Cantzlar dispensiret, und biß zu Bestellung eines eigenen Ordens-Schatzmeisters von dem Ordens-Secretario verrechnet werden.

Einundzwantzigstens, Wann Fürstliche oder andere hohe Standespersonen in diesen Orden zu tretten belieben haben, sollen dieselbe zwar an gegenwärtige Articul nicht gebunden seyn, jedoch auf Ihr Verlangen solche communiciret werden, maßen Wir Uns von Ihnen ohnedem versichern, daß Sie Uns mit auffrichtiger Freundschaft meynen, und der Societät Ehre und Beförderung nicht hindern werden.

Zweyundzwantzigstens, Wann einer von denen Ordensmitgliedern mit Tode abgehet, sollen deßen Erben schuldig seyn, das Ordenszeichen nebst dem, Exemplar der Statuten, so der Verstorbene bey sich gehabt, an den Ordens-Secretarium längst innerhalb zwey Monathen gegen Schein einzuschicken, welcher dem Ordenscantzler von dem Empfang des solcher¬gestalt ledig gewordenen Ordenszeichen[s] die Anzeige zu thun, Uns aber als des Ordens Oberhaupt daßselbe ohnverzüglich einzuliefern hat.

Dreyundzwantzigstens, Weilen es auch dem Orden nicht allein zur Ehre, sondern zu deßen Auffnehmen und Besten gereichet, daß solcher mit gewißen vor die Statuta und Verrichtungen sorgenden Bedienten versehen seye, so solle dieser Orden biß auf weitere Vermehrung einen Cantzlar und Secretarium haben, also daß zum Ordens-Cantzlar Wir dermahlen Unsern Geheimen Rath und Hoffmarschall Leopold Melchior von Rothberg, zum Ordens-Secretario aber Unsern Geheimen Rath Johann Wilhelm zur Glocken gnädigst ernennet.

Vierundzwantzigstens, davon der Ordenscantzlar, was bey des Ordens Zusammenkünfften (welche alle Viertel Jahr nemlich den 17ten Junij, den 17ten Septembris, den 17ten De¬cembris und den 17ten Martij gehalten werden können, oder wann und so oft es dem Ordens-Meister belieben, oder die Noth es erheischen wird) vorzustellen und zu erinnern ist, vortragen, darüber die Vota einsammeln, und sodann nicht weniger das Seinige der Ordnung nach ablegen, desgleichen auf die Beobachtung der Ordens-Statuten genau Achtung haben, und wo selbigen auf einigerley Weise entgegen gehandelt würde, dahin sehen solle, daß solches in Zeiten geändert und abgestellet werde.

Fünffundzwantzigstens, der Ordens-Secretarius soll über alles, was in Ordens-Sachen vorgehet, ein richtiges und vollständiges Protocoll sambt einer ordentlichen Matricul von allen Ordens-Rittern führen, in welcher eines jeden Nahme sambt der Zeit, wann derselbe dem Orden zugesellet worden, verzeichnet seye; anbenebenst soll demselben die Bewahrung des Ordens-Siegels obliegen, doch daß alles was in Ordens-Sachen auszufertigen ist, in des Ordens-Cantzlars Gegenwarth damit besiegelt werde.

Sechsundzwantzigstens, Gleichwie Wir nun als Stifter dieses Ordens über vorstehenden Statutis genauest gehalten wißen wollen, so behalten Wir Uns jedoch bevor, darinnen nach Gelegenheit der Zeit und andern Uns darzu bewegenden Ursachen und Umbständen zu ändern und zu dispensiren, wie Wir und die jedesmahlige Ordens-Meister solches vor gut befinden werden.

Deßen zu Uhrkund haben Wir diese Ordens-Statuta eigenhändig unterschrieben und Unser Fürstliches Ordens-Sigill daran hängen laßen. So geschehen zu Carolsburg den 17. Juny 1715.

Carl M(arkgraf) z. Baden [Unterschrift]

Leopold Melchior von Rotberg [Unterschrift]

Ad Mandatum Serenissimi Ordinis Magistri
Clementissimum
Jo(hann) Wilh(elm) zur Glocken [Unterschrift]